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Duisburg, 12. November 2022
df46 PREISTRÄGER:INNEN DER 46. DUISBURGER FILMWOCHE
Liebe Pressevertreter:innen,
in einer feierlichen Preisverleihung wurden am heutigen Abend, 12. November 2022, die Preise der 46. Duisburger Filmwoche vergeben. So haben die Jurys über die fünf Auszeichnungen im Gesamtwert von 23.000 Euro entschieden.
Der ARTE-Dokumentarfilmpreis geht an Benedikt von Katrin Memmer
Der 3sat-Dokumentarfilmpreis geht an Unrecht und Widerstand von Peter Nestler
Der Preis der Stadt Duisburg geht an Sonne unter Tage von Alex Gerbaulet und Mareike Bernien
Der „Carte Blanche“ Nachwuchspreis des Landes NRW geht an Zweisamkeit von Lilian Sassanelli
Der Publikumspreis der Rheinischen Post für den beliebtesten Film geht an Drei Frauen von Maksym Melnyk
Bei der 46. Duisburger Filmwoche wurden vom 7. bis 13. November 24 Dokumentar-filme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gezeigt und leidenschaftlich diskutiert. Festivalleitung Alexander Scholz resümiert: „Das Kino war voll, die Gespräche im Diskussionssaal rege. Aus beiden Räumen nehmen wir poetische, dingliche, politische Eindrücke mit, deren Wirkung noch im Werden begriffen ist. Ich danke allen Filmemacher:innen für ihre Arbeiten und die Bereitschaft, sie mit uns zu teilen. Und ich danke dem Publikum für die Aufmerksamkeit und die Offenheit, mit der es das Festival bereichert hat.“
Bildmaterial und weitere Infos zu den Filmen stehen Ihnen in den Presse-Downloads zur Verfügung.
Preisträger:innen der 46. Duisburger Filmwoche
ARTE-Dokumentarfilmpreis
Der mit 6.OOO Euro dotierte ARTE-Dokumentarfilmpreis, überreicht durch Martin Pieper, Leiter der THEMA-Redaktion ZDF/ARTE, geht an
Benedikt
von Katrin Memmer | DE 2021 | 72 Min.
Begründung der Jury: Ein Mann arbeitet. Er arbeitet schnell und in einem fort. Er arbeitet mit Tieren, routiniert sind seine Abläufe, vielleicht sogar ein wenig ruppig. Es gibt eine Faszination für diese Arbeit und die Zeit, die sie dauert. Und wie als bräuchte es ein Verstehen vor dem Einlassen, löst sich die Kamera erst nach und nach vom Protagonisten, folgt einer Lust am Schauen hinein in die Natur, hinein in Oberflächen: Fell, Haare, Blätter im Wind, auch in die Dunkelheit. Wir sehen das nicht zum ersten Mal. Aber eine Erfahrung ist niemals universell, immer einzigartig. Im Kino, unter vielen hin auf die Leinwand und zwischen den Lautsprechern kann diese Erfahrung sich übertragen. Und dann passiert das, was immer ein kleines Wunder ist: Ohne dass wir verstehen wie, sind wir berührt. Von Benedikts Sein in der Welt ebenso wie von dieser Welt mit ihren Schafen, Bienen, Maschinen und der Bewegung der Luft.
Synopse:
Mensch, Tier und Material atmen, pfeifen und ächzen im Gleichklang. Vom Morgengrauen bis tief in die Nacht verrichtet Benedikt sein Werk: präzise Handgriffe, kurze Pausen und lange Wege. Eingelassen in seine Umgebung und alleingelassen mit seiner Arbeit, leiten ihn die Jahreszeiten. Das Holz qualmt, das Fleisch dampft, die Bienen summen. Ein Mann im Austausch mit der Welt, doch kaum mit den Menschen.
Lobende Erwähnung für
Aşk, Mark ve Ölüm
von Cem Kaya | DE 2022 | 98 Min.
Der Film ermöglicht den einen, eigene Erinnerungen anhand gut recherchierten Archivmaterials und packender Erzählungen von Zeitzeugen noch einmal zu durchleben und den anderen die Entdeckung eines wenig beachteten Kapitels der deutschen Kulturgeschichte. Zusammen bringt sie die vielfältige Musik, die der Film feiert. Damit schafft er einen frischen und vielschichtigen Einblick in das deutsch-türkische Kulturleben in Deutschland und widersetzt sich den zumeist einseitig definierten herkömmlichen Zuschreibungen.
12. November 2022, die Jury: Luise Donschen, Hannes Lang, Can Sungu
3sat-Dokumentarfilmpreis
Der mit 6.000 Euro von den vier Partnern des Gemeinschaftsprogramms ZDF, ORF, SRG und ARD dotierten 3sat-Dokumentarfilmpreis, überreicht durch Natalie Müller-Elmau, Koordinatorin 3sat, geht an
Unrecht und Widerstand
von Peter Nestler | DE, AT 2022 | 113 Min.
Begründung der Jury:
"UNRECHT und Widerstand“ - der Titel beschreibt, was der Film verhandelt: den Völkermord an den Sinti und Roma und ihren jahrzehntelangen Kampf gegen Diskriminierung, den Widerstand einer Minderheit, aus dem eine Bürgerrechtsbewegung entstand und der erst 1982 zur Anerkennung des Genozids durch die Bundesregierung führte.
Der Film ist eine dringliche Aufarbeitung eines Teils deutscher Geschichte, der eine Leerstelle im kollektiven Bewusstsein markiert – und einen Skandal: die Verlängerung des Unrechts im Nachkriegs-Deutschland durch die Kriminalisierung der Sinti und Roma.
Romani Rose, Bürgerrechtler und Hauptprotagonist des Filmes, beschreibt es mit folgenden Worten: "Die Täter behielten die Deutungsmacht über ihre Opfer und haben sich darüber rehabilitiert."
Rhetorisch brillant stellt sich der Film in den Dienst dieser Aufarbeitung. Präzise montiert er sein Material: Erinnerungen von Zeitzeug*innen, zeitgenössische Forschung und Archiv. Unsere Empathie als Zuschauer*innen entsteht gerade durch die Sachlichkeit der Argumentation.
Der Film räumt auf und sortiert: mit Vorurteilen und Klischees, mit Ignoranz und Unwissenheit - er erinnert uns daran, worauf es ankommt:
„Wichtig ist, die eigenen Ambivalenzen auszuhalten, nicht eine Gruppe von Menschen für unsere Ängste oder Sehnsüchte haftbar zu machen.“ (Zitat aus Film)
Damit leistet der Film einen wichtigen Beitrag zu aktuellen identitätspolitischen Debatten.
Synopse:
Als die wenigen überlebenden Sinti und Roma die deutschen Vernichtungslager verließen, trafen sie auf eine unvermindert rassistische Gesellschaft. Neuanfang am Rande der Städte, Ausgrenzung als Kontinuum für Generationen. Romani Rose hat zeit seines Lebens versucht, die Verantwortlichen für die Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Geschichte seiner Familie und seines Engagements als Bürgerrechtler spannt ein Panorama des Antiziganismus auf, das bis heute virulent ist.
12. November 2022, die Jury: Britt Beyer, Gabriele Mathes, Julia Zutavern
Preis der Stadt Duisburg
Der mit 5.OOO Euro dotierte Preis der Stadt Duisburg für kurzen und mittellangen Dokumentarfilm, überreicht durch Astrid Neese, Beigeordnete für Bildung, Arbeit und Soziales der Stadt Duisburg, und der Ersten Bürgermeisterin Edeltraud Klabuhn, geht an
Sonne unter Tage
von Alex Gerbaulet, Mareike Bernien | DE 2022 | 39 Min.
Begründung der Jury: Was wir aus der Erde holen, sucht uns irgendwann heim – als saure Wolken, als Tumore, als nukleare Sprengköpfe. Der Abbau von Uran hinterlässt eben nicht nur Narben in der Landschaft, sondern in unserem Leben. Die Frage ist: Wie kann sich ein Film diesen Spuren in Bildern und Ton annähern, wie sie sichtbar machen? Dieser Herausforderung stellt sich „Sonne unter Tage“, der die Perspektive der DDR-Umweltbewegung und ihren Widerstand gegen den Uran-Abbau zum Ausgangspunkt für eine komplexe Recherche nimmt. Alex Gerbaulets und Mareike Berniens Arbeit besticht dabei insbesondere durch konzeptionelle und inhaltliche Dichte und die ästhetische Konsequenz, mit der sich der Gegenstand des Films, das Uran, in das filmische Bild einschreibt – als Leuchten, als Flackern, als Farbverschiebungen.
Synopse:
Erst Kurgebiet, dann Abbaugebiet, später Sanierungsgebiet. Von 1946 bis 1990 baute die Wismut in Sachsen und Thüringen Uran für das Atomwaffenprogramm der Sowjetunion ab. Unten strahlte das radioaktive Gestein, oben die sozialistische Zukunft. Eine neue Forschung beleuchtet die Geschichte der Wismut und ihr toxisches Erbe. Eine Retrospektive des Radiums. „Wie lange dauert es, bis eine Erinnerung zerfällt?"
12. November 2022, die Jury: Cana Bilir-Meier, Juan S. Guse, Simon Spiegel
„Carte Blanche“ Nachwuchspreis des Landes NRW
Der mit 5.OOO Euro dotierte „Carte Blanche“ Nachwuchspreis des Landes NRW, überreicht durch Gonca Türkeli-Dehnert, Staatssekretärin im Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, geht an
Zweisamkeit
von Lilian Sassanelli | AT 2022 | 44 Min
Begründung der Jury: Was ursprünglich als persönliche Spurensuche nach Antworten auf Fragen der Liebe begann, entwickelt sich zum intimen Porträt der eigenen Grosseltern und ihrer fast lebenslangen Zweisamkeit. Liebe, so macht der feinfühlige Film von Lilian Sassanelli deutlich, muss selbst bei einem vermeintlichen Traumpaar wie Elke und Klaus stets neu verhandelt werden. Der Regisseurin gelingt dabei das formale Kunststück, scheinbar mühelos zwischen Nähe und Distanz zu balancieren, indem sie Bilder biederer Bürgerlichkeit auf Momente grosser Nähe und Verletzlichkeit folgen lässt. Mit Briefen, Archivbildern, Beobachtungen und Gesprächen der Grosseltern legt der Film dabei auch die Verletzlichkeit der Filmemacherin selbst offen und zeigt, dass Liebe ein gemeinsamer Prozess des Wachsens, Wohlwollens, Lernens und Verlernens ist.
Der Preis soll Ansporn sein, den eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen. Die Preisträgerin wird dabei durch ein Mentorat unterstützt.
Synopse:
Wo sich das Licht der aufgehenden Sonne mit dem italienischer Lampen mischt, da sind Elke und Klaus zu Hause. Beim Halma-Spiel in guten Wollpullis verbringen sie ihre letzten Jahre. Doch so harmonisch war es nicht immer. Mit Fotos und ausgegrabenen Liebesbriefen tauchen Verflossene und Vergessenes auf und betasten die „selbstgewählte Zwangslage einer liebenden Ehe.“
Lobende Erwähnung für
Drei Frauen
von Maksym Melnyk | DE 2022 | 85 Min.
In Stuschytsia, einem Nest in den ukrainischen Karpaten, treffen Filmemacher Maksym Melnyk und sein Team auf ein in der Auflösung begriffenes Dorf. So unterschiedlich die drei Protagonistinnen sind, vereint sie doch der Wille, in schwierigen Verhältnissen durchzuhalten. In seiner Annäherung an die drei Frauen und an seine Heimat verharrt der Regisseur nicht in einer rein beobachtenden Position, sondern webt zusehends sich und seine eigene Positionierung in den Film ein und wird so selber zum Akteur.
12. November 2022, die Jury: Cana Bilir-Meier, Juan S. Guse, Simon Spiegel
Publikumspreis der Rheinischen Post
Der mit 1.000 Euro dotierte Publikumspreis der Rheinischen Post für den beliebtesten Film des Festivals, überreicht durch Peter Klucken, geht an
Drei Frauen
von Maksym Melnyk | DE 2022 | 85 Min.
Synopse:
An einem Ort, wo die Briefmarken immer aus sind, im ukrainischen Teil der Karpaten. Eine Postbeamtin verteilt die Rente an der Haustür. Eine Biologin erforscht den losen Auspuff ihres Autos. Und eine Witwe ist die traurigste Frau der Welt. Horoskope, Schnaps und ein veganer Kameramann. Die Besucher aus Deutschland bringen eine andere Welt mit. „Es ist lange her, dass ich gelacht habe.“
12. November 2022, die Jury: Kurt Große-Gehling, Petra Müller und Marianne Neumann, Dagmar Ohlwein
doxs!-Preise
Die doxs!-Jugendjury vergibt die GROSSE KLAPPE an Milý tati / Love, Dad (CZ 2021) von Diana Cam Van Nguyen. Der mit 5.000 Euro dotierte europäische Filmpreis für den besten politischen Kinder- und Jugenddokumentarfilm wird von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb gestiftet. Eine lobende Erwähnung sprechen die Jugendlichen für die britische Produktion Born in Damascus / Geboren in Damaskus (DE 2020) von Laura Wadha aus. Der ECFA Documentary Award für den besten europäischen Kinderdokumentarfilm geht an Skolen ved Havet / Schule am Meer (NO 2021) von Solveig Melkeraaen.
Für die Duisburger Filmwoche
Mareike Theile
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46. DUISBURGER FILMWOCHE
7.11. - 13.11.2022
Das Festival des Dokumentarfilms aus Deutschland, Österreich und der Schweiz
℅ VHS Duisburg
Steinsche Gasse 26
D–47051 Duisburg
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Mehr Informationen zum Dokumentarfilmprogramm für Kinder und Jugendliche unter do-xs.de
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