Die Preiträger der 26. Duisburger Filmwoche

Der 3sat-Dokumentarfilmpreis für den besten deutschsprachigen Dokumentarfilm - dotiert mit 6.000,- EUR - geht an:


Gambling, Gods and LSD

von Peter Mettler
Schweiz/Kanada/2002

Bilder einer Reise in mythische Welten. Regisseur Peter Mettler begibt sich nach Kanada, Las Vegas, in die Schweiz und nach Indien: Heilsversprechende Ekstasen, Libidomaten und der persönliche Erfolg bedeuten Glückerfüllung im neuen Jahrtausend. Dahinter stecken harte Arbeit, bescheidener Größenwahn und die unerträgliche Macht des Glaubens. Monumentale Blicke auf ekstatische Räume - von der Arztpraxis bis zur Stadthalle.

Begründung der Jury:
Der Film in seiner visuellen Neugier zeigt uns weniger die Räusche, in die Menschen sich versetzen, als den Wunsch und die Techniken, sich im Rausch zu verlieren und zu erkennen. Peter Metller allerdings hat als Regisseur in nüchternem Zustand gearbeitet. Er erkannte in Visionen die Traurigkeit von Illusionen. Er fand eine Balance von Distanz und Nähe oder auch von Diskretion und Erbarmungslosigkeit der Beobachtung. Seine filmische Virtuosität überzeugt immer, verlangt vom Zuschauer aber nicht, in Bewusstlosigkeit zu verfallen. Eine umherschweifende Kamera registriert Orte und Situationen staunend, teilnehmend und ohne sich zu ereifern. Und so schlägt uns Gambling, Gods and LSD in seiner formalen Entschiedenheit viele mögliche Lesarten von Wirklichkeiten und Sehnsüchten vor.

09. November 2002, die Jury: Sandra Kegel, Isabella Reicher, Christoph Schneider


Der ARTE-Dokumentarfilmpreis für den besten deutschen Dokumentarfilm - dotiert mit 6.000,- EUR - geht an:


schlittenschenken

von Erwin Michelberger und Oleg Tcherny
Deutschland/2002

Renate ist ermordet worden. Der Tod der recht ungeliebten Dichterin führt ihre Geliebte, ihre Eltern, ihre Ärztin und ihre Freundinnen aus der Schulzeit und der Literaturszene zusammen. Erinnerungen werden wach, Fragen aufgeworfen. Ihre Dialoge werden durch wortlose Erzählungen aus Masada und Hebron unterbrochen: Renates Traum von Israel.

Begründung der Jury:
Der Film "schlittenschenken" von Erwin Michelberger und Oleg Tcherny entwirft ein biografisches Kaleidoskop der ermordeten Schriftstellerin Renate Neumann. Dieser schlüssige wie unabgeschlossene Versuch einer Annäherung zeichnet sich aus durch eine angemessene Skepsis der Filmemacher gegenüber dem eigenen Projekt. Durch die Montage unterschiedlichen Materials - Erinnerungen von Freundinnen und Eltern, Texte der Schriftstellerin, Kindheitsbilder und verstörende Aufnahmen aus Palästina - werden Deutungsangebote gemacht, ohne dass abschließende Urteile gefällt werden. Der Film besitzt somit eine für das dokumentarische Arbeiten wesentliche Qualität: Er zeigt, was es heißt, über das Leben eines Menschen zu sprechen, ohne diesen auf anmaßende Weise zu vereinnahmen.

09. November 2002, die Jury: Mark Stöhr, Birgit Kohler, Jan Verwoert


Der Förderpreis der Stadt Duisburg, Sparte Dokumentarfilm - dotiert mit 5.000,- EUR - geht an:

Tehran 1380

von Solmaz Shahbazi und Tirdad Zolghadr
Deutschland/Iran/2002

Seit 1980 hat sich die Bevölkerung von Teheran vervierfacht und zählt damit über 12 Millionen Einwohner. Eine wildwachsende Metropole aus Beton und Neon, die keinen unserer stadtplanerischen oder ästhetischen Maßstäben zu entsprechen scheint. Die Filmemacher dagegen nähern sich dieser Stadt im Orient ohne Wertvorstellungen des Westens, aber auch ohne das Gefühl der vertrauten Heimat.

Begründung der Jury:
Der Film Tehran 1380 von Solmaz Shahbazi und Tirdad Zolghadr zeichnet sich dadurch aus, dass er vereinfachende Vorstellungen von den Lebensbedingungen im Iran problematisiert, indem er die Stadt Tehran als eine Metropole beschreibt, in der "Moderne" und "Tradition" auf komplexe Weise miteinander verschränkt sind. Durch eine visuell beeindruckende Studie exemplarischer architektonischer und städtebaulicher Situationen macht der Film die Komplexität der städtischen Realität von Tehran anschaulich. Er gibt keine einfachen Antworten, sondern präsentiert einen Konflikt zwischen unterschiedlichen Standpunkten in Bezug auf die Identität und Zukunft der Stadt. Solmaz Shabazi und Tirdad Zolghadr setzen sich engagiert mit ihrem Gegenstand auseinander, überprüfen zugleich aber auch sorgfältig und selbstkritisch die Wahl ihrer filmischen Darstellungsmittel. Wir würden uns sehr darüber freuen, wenn der Förderpreis der Stadt Duisburg dazu beitragen könnte, dass Solmaz Shabazi und Tirdad Zolghadr viele weitere Filme machen.

09. November 2002, die Jury des Förderpreises der Stadt Duisburg:
Sandra Kegel, Birgit Kohler, Isabella Reicher, Christoph Schneider, Mark Stöhr, Jan Verwoert


Der Publikumspreis der Rheinischen Post für den beliebtesten Film der 26. Duisburger Filmwoche - dotiert mit 1.000 EUR - geht an:

Elsewhere von Nikolaus Geyrhalter, Österreich/2001

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